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Dienstag, 14. Mai 2013

Die Mutter Analphabetin, die Kinder Anwälte und Architekten

Die Mutter Analphabetin, die Kinder Anwälte und Architekten

Das stille Heldentum der Gastarbeitermütter

 

Nicht wenige türkische Mütter, die als Teil der ersten Gastarbeitergenerationen nach Deutschland gekommen waren, konnten nicht einmal Lesen oder Schreiben. Ihren Kindern aber haben sie das vermittelt, was nötig ist, um Erfolg zu haben. (Foto: zaman)

Ich kann mich noch an jene Zeiten erinnern, in denen abends um 19:00 Uhr auf dem WDR-Sender „Radio Köln“ (Köln Radyosu) türkische Nachrichten gesendet wurden und meine Mutter diesem Radiosender regelmäßig lauschte.

Sie war eine Frau, die weder lesen noch schreiben konnte, aber am Weltgeschehen interessiert war und ihren Kindern in die Ohren flüsterte, sie sollen sich weiterbilden und an die Kinder denken, die nicht einmal die Möglichkeit hätten, eine Schule zu besuchen.

Sie lieferte uns genügend Beispiele aus ihrem eigenen Leben.

Aus dem Unterton ihrer Stimme konnten wir immer wieder hören, wie wichtig und wertvoll es ist, sich zu bilden. Dieser Frau ist es gelungen, ihren drei Töchtern neben der Aussteuer für das eigene Heim auch einen Abschluss der höheren Schulen in der fremden neuen Heimat zu ermöglichen und sie so aus ihrem Haus zu verabschieden.

Mütter sind die ersten Lehrerinnen im Leben ihrer Kinder

Neben dem Pausenbrot hatte sie uns jeden Morgen die Aufforderung mit in die Tasche gepackt, dass wir Respekt vor den Lehrkräften in der Schule haben sollten. Dieses hat meine Lehrerin immer gerne angenommen und mir als Zuwendung zurückgegeben.

Meine Mutter sagte mir immer: „Werfe dem, der Dir Steine wirft, ein Stück Brot zurück!“ Diesem Zitat zu folgen, bedeutete immer wieder, Verluste einstecken zu müssen. Manchmal mache ich ihr einen Vorwurf daraus, dass sie uns nicht gelehrt hat, auch mal einen Stein zurückzuwerfen.

Sie hat uns neben ihrer absoluten Liebe aber auch Werte vermittelt.

Sie und ihre Töchter waren keinesfalls Einzelfälle, denn ich könnte hier noch unzählige Beispiele von Müttern nennen, die weder die Sprache des fremden Landes beherrschten noch Lesen oder Schreiben konnten.

Es sind die Geschichten jener Mütter, die dieser Gesellschaft Individuen schenkten, die am Ende imstande waren, nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere mitzudenken. Ihre eigenen Geschichten verbergen sich hinter einer Wand, sie wurden selten niedergeschrieben. Und soweit ich beobachte, ist das Interesse für ihre eigenen Geschichten kaum vorhanden. Hinter die Wand zu schauen, erfordert ein gewisses Maß an Interesse. Dieses Interesse ist nicht vorhanden oder nur in geringem Maße.

Aber wie könnte ich die Autorin meines Lebens außer Acht lassen? Oder all die der anderen? Die Mütter, die teilweise auf unseren Straßen erniedrigenden Blicken ausgeliefert sind. Die das Leben hinter der Bühne meistern. Die großen Künstler hinter der Bühne. Hinter den Kulissen haben sie ihre Kinder motiviert. Ihre Kinder auf dieses große Geschehen, das Leben, vorbereitet. Sie haben die Kinder, die ja unbestritten die Zukunft des Landes darstellen, mit Hoffnung und Liebe gefüllt. Sie haben damit indirekt auf unser aller Zukunft eingewirkt. Auf unsere gemeinsame Zukunft. Wir selbst aber interessieren uns eher für die, die sich öffentlich präsentieren und in Szene setzen. Popularität ist die Lenkerin unserer Interessen. Wir sehen populäre Themen als unsere Hauptaufgabengebiete.

Und deshalb bleiben die wirklich wichtigen Personen im Hintergrund. Das spricht aber lediglich umso mehr für die Einzigartigkeit und die Wichtigkeit dieser Menschen.

Die Mutter Analphabetin, die Kinder Anwälte und Architekten

Am Ende stehen die erfolgreichen Schüler auf der Bühne, doch die Mitwirkenden, in erster Linie deren Eltern, sitzen in den hinteren Reihen. Es sei denn, die Tochter oder der Sohn kommt auf die Idee, diese beim Namen zu nennen.

Einige Beispiele möchte ich hier nennen und auflisten, um zu zeigen, dass es sie wirklich gibt. Die, die wir gerne übersehen:

Hakan, ein Rechtsanwalt. Seine Mutter hat es in der Türkei bis zur Mittelschule geschafft. Zülal, eine Rechtsanwältin. Ihre Mutter hat es im Osten der Türkei bis zur Grundschule geschafft. Nezahat hat Germanistik und Sozialwissenschaften für das Lehramt in der Sekundarstufe II studiert. Ihre Mutter ist Analphabetin. Nebahat ist Bankkauffrau. Ihre Mutter ist ebenfalls Analphabetin. Kezban ist Gynäkologin. Sie überlässt die Behandlung ihrer Mutter ihren Kolleginnen in der Türkei. Auch ihre Mutter ist eine Analphabetin. Von der Frucht ihrer Arbeit hat sie selbst nicht profitieren können. Emine ist Architektin. Ihre Mutter lebt in ihrer 64 Quadratmeter großen Wohnung und hat sich immer noch kein Haus anschaffen können, da sie all ihre Kraft und ihr Hab und Gut in die Bildung ihrer Kinder - außer Emine noch dreier weiterer Kinder, die Rechtsanwältin, Ärztin und Ingenieur wurden - investierte.

Das sind Freunde, mit denen ich teilweise dieselbe Schulbank drückte und deren Mütter ich auf den Straßen begrüßen durfte; es sind die mir bekannten Gesichter und Geschichten. Es sind die, die zu Elternsprechtagen erschienen sind und sich nicht entschuldigen ließen, dass sie eh nichts verstünden.

Sie sind diejenigen, die die Erfolgsgeschichten ihrer eigenen Kinder einleiteten.

Sie sind die Mütter, die ihren Kindern zeigten, dass sie Teil der Veränderung sein können.

Sie sind die Mütter, die die Zukunft unseres Landes mitgestalten.

Auch heute und morgen werden sie das tun. Solange der Baum, den sie hier im fremden Lande pflanzten, Früchte trägt, solange ihre Kinder existieren, solange werden auch sie existieren. Auch wenn ihre Namen den anderen unbekannt sind und bleiben.

Wo Lehrer noch zu den meistgeachteten Berufsgruppen zählen

Das Gespräch mit meiner ehemaligen Deutschlehrerin, die heute Schulleiterin einer Gesamtschule ist, veranlasste mich, diesen Text zu verfassen. Sie war einst meine Lehrerin und ist heute meine Mutmacherin dahingehend, dass ich mich endlich auf mein Buch konzentrieren und die Geschichte des „Sprachlosen Kindes“ beenden solle. Sie, die mich lehrte, Lessing und seine Ringparabel zu lesen und die Kernaussagen der Ringparabel zu verinnerlichen. Vielleicht ist sie die Quelle der Liebe zur Literatur.

Eine Frage, die sie stellte, hat mich motiviert, diesen Text zu verfassen: „Wie geht es Deiner Mutter?“

Nach meiner Mutter, die Frau, die mir zeigte: „Es gibt Wege und Menschen, die auf Dich warten.“
Diese zwei Frauen, die ich hier erwähne, haben mich geprägt.

Sie sind miteinander verbunden. Denn meine Mutter hat mir immer geraten, meine Lehrer zu schätzen und ihnen dankbar zu sein. Ihre Worte waren: „Wenn ich damals im Dorf die Möglichkeit gehabt hätte, eine Schule zu besuchen, würde ich meinem Lehrer oder meiner Lehrerin täglich das Wasser aus dem Brunnen holen und ihr dienen. Die Arbeit, die Lehrer übernehmen, ist die wichtigste, die Menschen seit jeher übernommen haben. Sei achtsam, wenn Du mit ihnen sprichst.“

Sie hat mir die Achtung gegenüber anderen Menschen beigebracht und meine Lehrerin in der Schule mit Respekt zu behandeln.

Sie hat mich jeden Morgen verabschiedet und meine Lehrerin hat mich in der Schule empfangen. Sie hat mir den Weg gezeigt, meine Lehrerin hingegen brachte mir bei, wie die Wege zu gehen sind.

„Das Lernen ist ein ewiger Prozess. Wenn Du das Wissen beherrschst und nicht zulässt, dass das Wissen Dich beherrscht, wirst Du ein guter Mensch sein. Wenn Du anfängst, mit Deinem Wissen anzugeben, wird Dich Dein Wissen verlassen.“

Das ist der Schlüssel des Erfolges dieser schweigsamen Frauen, unserer Mütter. Sie haben mit wenig Material aus ihrer „Unwissenheit“ und ihren unwissenden Kindern heraus Wissenschaftler geschmiedet und dieser Gesellschaft geschenkt. Das wenige Wissen, das sie sich aneignen konnten, haben sie in die Praxis umgesetzt. Ohne zu erleben, dass die Arbeit ihre Früchte trägt, haben sie das Land oft mittlerweile wieder verlassen.

Sie sind, nachdem ihre Männer das Rentenalter erreicht hatten, in die alte Heimat zurückgegangen. Sie sind in der Hoffnung dort, etwas von ihrer Kindheit wiederzufinden. Sie suchen nach etwas von der Freude, die sie damals hinterließen.

Wir sollen ihre Geschichten erzählen

Die Beziehung zu dem Land, das sie einmal zur Heimat gemacht, haben, können und wollen sie nicht aufgeben. Denn uns, ihre Kinder, haben sie hier gelassen. Wenn wir sie auf unseren Straßen, meistens in der Winterzeit sehen, dann sollten wir wissen, dass sie endgültig nur Gäste bei uns sind. Sie überbrücken hier den Winter und werden kurz vor Beginn des Frühjahrs wieder gehen.
Endgültig sind sie auch zu Gästen in ihrer Heimat geworden.

Haben wir das Recht, uns über ihre unangepassten Äußerlichkeiten zu ärgern und ihnen Blicke von oben herab zu schicken? Haben sie nicht an der Gegenwart und an der Zukunft unseres Landes mitgewirkt? Können wir das abstreiten und meinen, sie hätten nichts getan?

Schon Goethe, der im deutschen Lande seinen Ursprung hat und nun der ganzen Welt gehört, sagte: „Aber wenn man sich ganz fühlt und still ist und die reinen Freuden der Liebe und Freundschaft genießt, dann ist durch eine besondere Sympathie jede unterbrochene Freundschaft, jede halb verschiedene Zärtlichkeit wieder auf einmal lebendig.“

Wie eine unterbrochene Freundschaft; ja so betrachten diese Frauen dieses Land, an dessen Zukunft ihre Kinder tüchtig arbeiten. Und wir? Wir sollten daran arbeiten, die Geschichten dieser Frauen zu verstehen. Dieser Frauen, die stets ohne Wort und Schrift ihre Geschichten verfassten.

Rana Argan mit Dankbarkeit an diese Mütter und an die eigene, noch bevor es zu spät ist.

Autoreninfo: Rana Argan ist verheiratet und Mutter von drei Kindern. Sie studiert Psychologie an der Fernuni Hagen und schreibt für's dib - Die Integrationsblogger.

Montag, 29. April 2013

Gülen über Geschlechterrollen im Islam

"Gott hat alles in Paaren erschaffen"
Die Gleichberechtigung der Frau im Islam lässt sich an bestimmten Aspekten wie die Gleichheit vor Gott und in dem Grund der Erschaffung beider Geschlechter festmachen. Wie widerspiegelt sich dieser Sachverhalt in den Aussagen Gülens? Was meint Fethullah Gülen, wenn er von „Unterschieden zwischen Frau und Mann" spricht, oder schreibt? Da diese Fragen nach einer Zusammenstellung von Zitaten und Stellungnahmen Gülens nicht ungeklärt bleiben, sollen diese unter die Lupe genommen werden.

Eindrücke aus dem Koran


Wenn es um die Grundlagen des Islams geht, werden Frauen und Männer im Koran gleichwertig nebeneinander angesprochen1. Aber wieso gibt es eine Sura im Koran, die mit der Überschrift „An-Nisa" deutlich macht, dass sie den Frauen gewidmet ist?2 Wieso gibt es keine Sura, die explizit die Männer anspricht oder in dem es um den Mann geht. Der Prophet Muhammed erwähnt in einem Hadith, dass das Achten der Mutter einen jeden ins Paradies bringen kann3. Bei diesem Hadith geht es nicht darum, die Frau zum Mutter-Werden zu motivieren. Es soll zum Achten der Mutter verleitet werden. Wieso werden Frau und Mann hierbei nicht „gleich" behandelt? Es gibt sicher Zitate des Propheten Muhammed, die auch das Achten der Väter empfehlen. Aber keines ist so schwergewichtig wie das über das Achten der Mutter. Liegt es daran, dass sie eine Frau ist? Wie erklärt Fethullah Gülen solche Punkte, die in der Thematisierung von Frau und Mann im Islam auffällig sind. Fethullah Gülen erwähnt neben den Gemeinsamkeiten und der Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann auch „mögliche Unterschiede zwischen Mann und Frau"4.

„Gott hat alles in Paaren erschaffen"

 

„So sind Männer in der Regel physisch stärker und eher dazu in der Lage, Strapazen zu ertragen, während Frauen tiefere Gefühle haben: sie sind mitfühlender, zarter, aufopferungsvoller. [...] Allerdings dürfe [laut Gülen] aus solchen Unterschieden keine Rangordnung abgeleitet werden. Ebenfalls auf der Grundlage des Korans bestätigt Gülen, dass von den subatomaren Teilchen bis hin zu den Menschen, Gott alles in Paaren erschaffen hat, die eine Einheit bilden."5
Hier wird in der Koran-Exegese durch Gülen ersichtlich, dass in keinster Weise weder die Frau als Ursprung allen Übels gesehen, noch als „Derivat" des Mannes betrachtet. Das Gewicht „dieser Aussagen, die tatsächlich aus dem Koran abgeleitet sind, erschließt sich einem westlichen Publikum erst dann, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass in der jüdisch-christlichen Tradition Eva als Derivat Adams und als die Quelle allen Übels, als Anstifterin zum Sündenfall gilt."6 Wenn Gülen von Unterschieden zwischen Frau und Mann im Islam spricht, ist es in keinster Weise aristotelisch: „Aristoteles war der Auffassung, Frauen seien unvollkommene Männer, d.h. unvollständige Wesen, von Natur aus Gegenstand von Unterordnung".7
Gülen erklärt, was er meint, wenn er von Unterschieden zwischen Frau und Mann spricht: „Zwar unterscheiden sich Frauen in Körperbau und Psyche von den Männern; das bedeutet jedoch nicht, dass der eine dem anderen überlegen wäre. Stellen wir sie uns vielmehr wie den Sauerstoff und den Stickstoff in der Luft vor. Beide erfüllen bestimmte Aufgaben und sind in gleichem Maße aufeinander angewiesen. Männern an Frauen oder Frauen an Männern zu messen, ist genauso absurd, wie über die Substanzen in der Luft zu sagen: „Stickstoff ist wertvoller" oder „Sauerstoff ist wertvoller". Hinsichtlich ihrer Erschaffung und hinsichtlich der Aufgabe, die sie in dieser Welt zu erfüllen haben, gibt es zwischen Mann und Frau keinen Unterschied; in ihrem Aufeinander-angewiesen-Sein sind sie wie die beiden Seiten ein und derselben Medaille."8

Die Frau – „ein einzigartiger Diamant"

 

Gleich behandelt Gülen Frau und Mann in seinen Schriften zu Gunsten der Frau nicht. In allen Schriften und Predigen schreibt und spricht Fethullah Gülen über die Frau sehr achtsam und wertschätzend. So ist es nicht verwunderlich, wenn die Frau als „einzigartiger Diamant", „ehrenhaft", „Blüte" oder „Edelstein" bezeichnet wird.9 Gülen schreibt: „Eine Frau, die in ihrer Innenwelt der Rechtschaffenheit eine große Bedeutung zumisst, ähnelt einem Kristallkronleuchter; in jedem Augenblick verbreitet sie ihr Licht im ganzen Haus. Die wichtigsten Kenntnisse, die sie besitzen sollte, liegen im Bereich der sozialen Erziehung." 10Aus diesem Auszug geht hervor, dass Gülen der Frau eine bestimmte Kompetenz zuschreibt: und zwar die der sozialen Kompetenz, aber er schließt andere Fähigkeiten keineswegs aus.

Fast 100 % aller Männer im Bau und Transport tätig11

 

Gülen beschränkt „die Aufgabe" der Frau nicht nur darauf, die soziale Erziehung zu übernehmen, aber misst die Übernahme dieser Aufgabe seitens der Frau oder der Frauen eine hohe Bedeutung zu. Das statistische Bundesamt gibt Folgendes bekannt: „Einen Frauenanteil von über 80 % wiesen die Gruppen der Gesundheitsdienstberufe und der sozialen Berufe auf. Hierzu zählen etwa Krankenschwestern, (...) sowie Erzieherinnen und Altenpflegerinnen."12 Genauso hält das statistische Bundesamt fest, dass besonders physisch anstrengende Berufe zu 99 % von Männern ausgeübt werden.13


Unterschiedliche Interessen

 

Es stellt sich die Frage, ob trotz jeder Mühe, die Geschlechter gleich zu stellen, sich die unterschiedlichen Geschlechter nicht aufgrund ihres Wesens sich für einen bestimmten Beruf entscheiden. Gülen geht es um das Aufzeigen von den Wesensunterschieden und körperlichen und psychischen Grenzen und Stärken der Frau und des Mannes. Dass Frau und Mann sowohl körperlich, als auch biologisch, wie auch psychisch ungleich sind, stehe außer Frage. Gleich sind Frau und Mann in ihrem Wesen nicht und somit können sie das auch in ihren Interessen im Detail nicht sein.14 So existiert jedoch keine Überlegenheit im Geschlecht, sondern es ist von einem Sich-Einander-Ergänzen die Rede15: „Es geht hierbei nicht darum, dass Frauen sich als Menschen zweiter Klasse fühlen sollen, aber auch nicht um die Gleichheit zwischen Frau und Mann."16 Wenn es um die Pflichten der Frau und des Mannes geht, sei keine Aufgabe „besserer" oder „niederer" Natur als die Aufgabe des Gegenübers. Gülen betont die Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann."17 So kann ein angenehmes Leben für beide Geschlechter gewährleistet werden, indem Aufgaben, die das Wesen ansprechen und auf das Geschlecht zugeschnitten sind, übernommen werden. Da braucht sich auch keiner zwangsweise in ein anderes Geschlecht hineinzuzwängen.

Frau – die Quelle der Barmherzigkeit

 

Es gibt viele Beispiele, an denen sich die unterschiedlichen Interessen erkennbar machen. Wenn Gülen von der Frau als „Quelle der Barmherzigkeit"18 spricht, dann nimmt er Bezug auf die wesentlichen Eigenschaften einer Frau: „Was ihre inneren Potenziale betrifft, so wurde die Frau als Inbegriff von Mitgefühl und Zuneigung erschaffen. Mitgefühl und Zuneigung gehören seit jeher zu ihrem Naturell und Wesen. Eine Frau mit einem reinen, durch keine äußeren Beeinträchtigungen verunreinigten Naturell denkt, spricht, sitzt und steht mit Mitgefühl und Zuneigung."19 Gülen betont, dass „vor ihrer Erschaffung (...) der Prophet Adam einsam [war], der Umwelt (...) jeder Geist [fehlte], der Mensch (...) zum Aussterben verurteilt [war]."20
An einer anderen Stelle sagt er, „Gott hat die Frau als die Partnerin des Mannes erschaffen. Adam konnte nicht ohne Eva sein und Eva nicht ohne Adam. Dieses erste Paar wurde mit der überaus wichtigen Pflicht betraut, als Spiegel und Deuter zu agieren, sowohl im Namen ihres Schöpfers als auch um der Schöpfung willen. Sie waren wie zwei Körper mit einer einzigen Seele und repräsentierten zwei Gesichter einer einzigen Wahrheit. Mit der Zeit jedoch hat primitives und grobschlächtiges Denken diese Balance zerstört; und gleichzeitig gerieten auch die Harmonie innerhalb der Familie und die Ordnung in der Gesellschaft in Unordnung." So sei es laut Gülen wichtig, dass eine Frau sich ihrer inneren Tiefe bewusst sei und die Grenzen ihrer Natur achte, damit die Harmonie und das Gleichgewicht innerhalb einer Gesellschaft nicht aus den Fugen gerät.21
Gülen betont, dass in denjenigen muslimischen Haushalten, in welchen die Frau scheinbar religiös begründet schlecht behandelt wird, es aus Unwissenheit über die Inhalte im Islam und aus traditionellem Verständnis von Geschlechterrollen geschieht.22
Wenn die Frau ihrem Wesen entsprechend gehandelt hätte, und ihr auch der Wert, den sie verdient, gegeben worden wäre, wären bisher etliche Eliten bisher herangewachsen.23

Frauen wie Hatica, Aisa oder Fatima

 

Die große Hoffnung, die Gülen schürt, sind Frauen, die im jetzigen Jahrhundert wie Hatica, Aisa, Fatima, Hafsa und etliche Heldinnen der islamischen Geschichte wirken und werken. „In der Frühzeit des Islam beispielsweise führte Aischa, die Frau des Propheten, ein Heer an. Außerdem fungierte sie als religiöse Gelehrte, deren Ansichten jedermann akzeptierte. Frauen beteten in den Moscheen mit den Männern gemeinsam. Selbst eine alte Frau konnte dem Kalifen in der Moschee in einer Rechtsfrage widersprechen. Noch im Osmanischen Reich des 17. Jahrhunderts zollte die Frau eines britischen Botschafters den Frauen Anerkennung und rühmte voller Bewunderung ihre Bedeutung in Familie und Gesellschaft"24
Für Gülen ist das Potential, was Frauen in seinen Augen mitbringt, bemerkenswert, sodass er ein starkes Engagement von Frauen nicht wegdenken mag und es bedauert, wenn Frauen sich einschüchtern lassen. Dazu bemerkt Gülen in einem Interview mit Rainer Hermann, dass er mangelnde Partizipation von Frauen innerhalb der Gesellschaft bedauere.25 Dennoch weiß er diejenigen Frauen zu schätzen, die ehrenamtlich schon Kontinente wechselten, altruistisch unterwegs sind und ausgetrockneten Kehlen aus ihrer Quelle der Barmherzigkeit Wasser spenden.26

Gleichwertig aber nicht identisch

 

So kann zusammengefasst werden, dass Frauen anders als Männer, aber nicht weniger oder mehr effektiv als Männer werken und wirken. Sie ergänzen sich einander und weder der Mann ist effektiver als die Frau, noch die Frau besser als der Mann. In der Institution „Familie", das aus Vater, Mutter und Kind besteht, ist der Bezug, den ein Kind gegenüber seiner Mutter hat, ein ganz anderer, als der Bezug zum Vater. Dies hängt nicht zuletzt mit der Dauer der Schwangerschaft zusammen, in welcher die Mutter und das Kind ein Teil sind. Wenn in der kleinsten Institution der Gesellschaft „Familie" die Mutter vor allem dazu dient, dem Kind soziale Kompetenz weiterzugeben, und der Vater vor allem das Selbst- und Verantwortungsbewusstsein eines Kindes nicht unbedingt bewusst beeinflusst, dann ist daraus zu schließen, dass die Einflüsse von Frauen und Männern auch in größeren Gesellschaften als die der Familie unterschiedlicher Art sind.
Frau und Mann stehen also wie zwei Säulen der Gesellschaft, die unterschiedlich verziert sein können, aber die trotzdem beide nötig sein können, um das Gebäude aufrecht zu erhalten. Denn die Abwesenheit von einer der beiden Säulen würde das Einbrechen des Gebäudes bedeuten. So kann festgehalten werden, dass Frau und Mann gleichwertig sind, aber der Beitrag, den beide Geschlechter leisten kein gleicher ist.

Elif Soyer, Heidelberg
Quelle: GülenNEWS

[1] Vgl. Koran: 33:35 : Aus dem Arabischen von Max Henning. Istanbul 2002:
„Wahrlich, die muslimischen Männer und die muslimischen Frauen, die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen, die gehorsamen Männer und die gehorsamen Frauen, die wahrhaftigen Männer und die wahrhaftigen Frauen, die standhaften Männer und die geduldigen Frauen, die demütigen Männer und die demütigen Frauen, die Almosen spendenden Männer, die Almosen spendenden Frauen, die fastenden Männer und die fastenden Frauen, die fasten, die ihre Keuschheit wahrenden Männer und die ihre Keuschheit wahrenden Frauen, die Allahs häufig gedenkenden Männer und die Allahs häufig gedenkenden Frauen - Allah hat für sie Vergebung und großen Lohn vorgesehen.“                                                                                         
[2] Vgl. Sura 4, „Die Frauen (an-Nisa)“.
[3] Vgl. Mehmet Gündem: Fethullah Gülen’le 11 Gün, S. 176. /
 Hadith zu finden bei: a) İbn Hanbel, V, 198 und b) (Nesâî, Cihad, 6).
[4] Hunt & Aslandogan 2012, S. 193.

[5] Hunt & Aslandogan 2012, S. 193 / Ünal & Williams 2000, S.138.
[6] Genesis 3,1; Tim 2,11-15 / Hunt & Aslandogan 2012, S. 193.
[7] Hunt & Aslandogan, S.194. / Vgl. Peters 1968.
[8] http://www.fragenandenislam.de/makale/die-frau-eine-quelle-der-barmherzigkeit

[9] Gülen, Perlen der Weisheit 2005, Mörfelden-Walldorf, fontäne-Verlag, S. 71f.
[10] Gülen, Perlen der Weisheit, S. 71.
[12]Statistisches Bundesamt, [Stand 21. April 2013].
[13]Statistisches Bundesamt, [Stand 21. April 2013].
[15] Vgl. Ertugrul Özkök: Hocaefendi Speaks, [Stand 22.4.2013].

[16]Mehmet Gündem: Fethullah Gülen’le 11 Gün. Istanbul 2005. S. 176.
[17] Mehmet Gündem: Fethullah Gülen’le 11 Gün. Istanbul 2005. S. 176.
[20] http://www.fragenandenislam.de/makale/die-frau-eine-quelle-der-barmherzigkeit Absatz 7 und http://tr.fgulen.com/content/view/694/3/ Absatz 7

[22] Vgl. http://tr.fgulen.com/content/view/13971/9/, 1. paragraf:
Bu iddia, şayet onu ortaya atanlar kasıtlı ve ön yargılı insanlar değillerse, Hak Din'in bu mevzuda vaz' ettiği ölçülerin bilinmemesinden ve tarih boyunca bilhassa âdetlerden gelen yanlış anlayış ve yanlış uygulamaların İslam'a mal edilmesinden kaynaklanmaktadır.”
[23] http://tr.fgulen.com/content/view/13971/9/ Absatz 35 : Vgl.: “Doğrusu, Devr-i Risalet Penâhî'de kadının hak ve sorumluluklarının tam belirlendiği, özellikle hasta olduğu hallerde ve hayız, nifas gibi hususi durumlarında ona kaldıramayacağı yüklerin yüklenmediği; fakat, onun çok defa savaşlara bile katıldığı, yaralılara baktığı, tedavi için gerekli malzemeleri hazırladığı, savaşçılara hizmet ettiği ve hatta bizzat savaştığı; normal zamanlarda da bilhassa …”
[24] Ertugrul Özkök: Hocaefendi Speaks
[25] Vgl. Rainer Hermann: „Islam und Moderne stehen nicht im Widersprich". 06.12.2012, FAZ
[26] http://tr.fgulen.com/content/view/13971/9/ dritter Absatz von unten

Dienstag, 16. April 2013

Hizmet-Stiftung in Deutschland auf dem Weg

Gülen-Bewegung: „Durch Transparenz Akzeptanz erhöhen“

Medien werfen der von Fethullah Gülen inspirierten Freiwilligenbewegung immer wieder mangelnde Transparenz vor, ohne deutlich zu machen, was man darunter versteht. Eine Stiftung soll nun helfen, offene Fragen zu klären. (Foto: zaman)

Die Hizmet-Bewegung möchte durch die Einrichtung einer Stiftung von sich aus einen wichtigen Schritt in Richtung Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit setzen. Diese soll nicht nur den Medien oder der Politik gegenüber eine nachvollziehbare Struktur bieten, sondern auch als Ansprechpartnerin für die Dialogvereine und Bildungsinitiativen darstellen, die sich Hizmet verbunden fühlen.

Ercan Karakoyun, geschäftsführender Vorsitzende des „Forum für interkulturellen Dialog e.V.“ (FID) in Berlin und DTJ-Kolumnist, koordiniert derzeit eine Arbeitsgruppe, um die Gründung der geplanten Stiftung von Hizmet in Deutschland vorzubereiten.

Dem DTJ gegenüber erklärt er, wie diese Stiftung helfen soll, Transparenz und Akzeptanz zu schaffen.

Warum soll eine Hizmet-Stiftung in Deutschland gegründet werden?

Wir engagieren uns in unzähligen Vereinen und Projekten auf lokaler Ebene für die Gesellschaft und übernehmen soziale Verantwortung in Deutschland. Unsere Arbeitsgemeinschaft möchte dazu beitragen, unsere Werte, Ideen und Aktivitäten noch besser zu kommunizieren, um so die gemeinsamen Ziele der unterschiedlichen Vereine und Projekte zu erreichen. Wir sind nach vielen Diskussionen zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Stiftung uns dabei helfen kann. Mit der geplanten Stiftung wollen wir also Informationsarbeit über das Hizmet-Netzwerk leisten und damit durch die Schaffung von Transparenz die Akzeptanz für Hizmet in Deutschland weiter erhöhen.

Was wollen Sie mit der Stiftung erreichen?

Die Stiftung soll einerseits den Austausch der Engagierten innerhalb des Hizmet-Netzwerks fördern und andererseits helfen, den Dialog mit gesellschaftlichen Akteuren, Politik und Medien auszubauen. Die Stiftung wird allerdings nicht das offizielle Sprachrohr des Netzwerkes sein. Sie wird aber bei Bedarf als erster Ansprechpartner dienen und Kontakte zu Vereinen vermitteln, die sich mit der Idee von Hizmet verbunden fühlen und Teil der Stiftung sind. Die Stiftung möchte zudem lokale Projekte und Vereine vor Ort bei ihrer Arbeit in den Bereichen Bildung, Schule, Dialog, Medien und Wirtschaft unterstützen und ihnen ein deutlicheres Profil geben.

Wann soll es mit der Stiftung richtig losgehen? Und wer kann sich dort alles engagieren?

Derzeit befinden wir uns noch in den Vorbereitungen und haben dazu eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Das Engagement zur Gründung der Stiftung steht grundsätzlich Vereinen eben so offen wie Einzelpersonen - sie entscheiden, wie sie sich in der Arbeitsgemeinschaft einbringen wollen und können. Wir freuen uns über jeden, der uns durch Ideen und Engagement dabei hilft, die geplante Stiftung auf ein solides Fundament zu stellen.

Wie wird sich die geplante Stiftung finanzieren?

Wir sind derzeit auf der Suche nach Sponsoren, die uns mit Stiftungskapital unterstützen.

Wer ist bereits alles bei der Arbeitsgemeinschaft dabei?

Die Mitglieder in der Arbeitsgemeinschaft sind Menschen, die sich für Hizmet engagieren und von Fethullah Gülen inspiriert sind. Alle verbinden die Werte und Ideen von Hizmet. Die meisten der rund zwei Dutzend Mitglieder sind Vorstandsmitglieder der Dialogvereine oder von Vereinen aus dem Bildungs- und Schulbereich, es arbeiten aber auch Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Medien mit.